Eines der führenden Unternehmen, das Diagnosegeräte für Kfz-Werkstätten entwickelt, ist die Hella Gutmann Solutions GmbH. In einem Interview hat uns das Unternehmen noch einmal bestätigt, dass es nicht empfehlenswert ist, das Auslesen des Fehlerspeichers in die eigenen Hände zu nehmen.
Eresmann KFZ-Box: Was ist der Unterschied zwischen freikäuflichen Geräten und professionellen Diagnosegeräten wie die von Gutmann?
Hella Gutmann: Profi-Diagnosegeräte wie der mega macs von Hella Gutmann arbeiten mit einer sehr aufwendigen, für jedes individuelle Fahrzeugmodell spezifisch entwickelten Software. Diese wird mehrmals im Jahr über Updates aktuell gehalten. Profigeräte kennen jeden einzelnen Sollwert und alle komplexen Zusammenhänge. Auch führen sie den Techniker im Prozess der Fehlersuche bis hin zur initialen Ursache, die sich oft hinter einer Vielzahl irreführender Symptome verbirgt. Dieser Weg beinhaltet meist auch geführte elektrische Messungen von Signalen. Dennoch ersetzt ein gutes Profi-Diagnosegerät nicht das Know-how eines geschulten Technikers. Erst die Kombination „Gutes Profidiagnosegerät und erfahrener Profi“ bringen den Erfolg
Bei den freikäuflichen Geräten gibt es eine breite Palette. Die einfachsten, dongleartigen Elektronik-Adapter werden an der OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs angesteckt und erlauben das Lesen und Löschen ausschließlich abgasrelevanter Fehlercodes. Diese müssen per Gesetz von den Fahrzeugherstellern frei zugänglich gehalten werden. Darüber hinaus gibt es Internet-Geräte mit mehr „Können“. Doch schon aus Kostengründen kann man davon ausgehen, dass diese Geräte mit vielen kopierten, nicht individuell entwickelten Software-Modulen arbeiten. Sie stammen in der Regel aus Fernost.
Eresmann KFZ-Box: Was kann passieren, wenn Fahrzeugbesitzer selbst eine Fehlerdiagnose mit den freikäuflichen Geräten durchführen?
Hella Gutmann: Der Versuch einer Diagnose selbst, soweit diese überhaupt fundiert möglich ist, richtet keinen Schaden an. Ein Blick auf gespeicherte Fehlercodes schadet nicht, dürfte aber eher verwirren, denn in der Regel sind beim Auftreten einer technischen Störung sehr viele Fehlercodes gespeichert. Bei den meisten handelt es sich um Folgefehler, die für die Ursachenfindung irrelevant sind.
Nur ein geschulter Techniker kann diese bewerten. Autofahrer sollten sich nicht in Versuchung führen lassen, Fehlercodes zu löschen oder gar (soweit es ein freikäufliches Gerät zulässt) Einstellungen zu verändern. Im ersten Fall erschwert er der Werkstatt, die er für die Behebung der Ursache sowieso aufsuchen muss, die Arbeit. Ohne die im Fahrzeugsteuergerät gespeicherten Fehlercodes fehlen der Werkstatt wichtige Informationen. Das kann zur Verlängerung des Reparaturwegs und entsprechender Verteuerung führen.
Sollte der Autofahrer sogar Einstellungen oder Parameter in einem Fahrzeugsteuergerät verändern, begibt er sich auf sehr dünnes Eis. Es handelt sich dann um eine Neubeschreibung eines Prozessors mit für ihn unüberschaubaren Folgen. Dies kann (z. B. in den Systemen Airbag oder Bremse) die Sicherheit betreffen oder die Gesamtfunktion des Fahrzeugs, denn die Systeme in Fahrzeugen sind hochgradig vernetzt. Werden von diesen Systemen Unplausibilitäten erkannt, kann dies zu umfassenden Störungen führen.
Es kann auch dazu führen, dass ein Steuergerät (Prozessor) unbrauchbar wird und für teures Geld ersetzt werden muss. Nicht zuletzt erlöschen durch Neubeschreibungen von Steuergeräten eventuell vorhandene Garantien.
Eresmann KFZ-Box: Welchen Rat würden Sie Fahrzeugbesitzern geben, die mit dem Gedanken spielen, sich solch ein freikäufliches Gerät zu kaufen?
Hella Gutmann: Eigentlich macht es nicht viel Sinn. Wenn man gerne einen Blick in Fehlercodes werfen und nicht viel Geld auszugeben möchte, dann gilt „Just look – don’t touch!“ Ein modernes Fahrzeug mit im Schnitt mehr als 60 vernetzten Steuergeräten, einem ausgeklügelten und auf maximale Effizienz hin optimierten Antriebsstrang sowie oft schon radar- und kameragestützten Fahrerassistenzsystemen ist hochkomplex. Es gehört definitiv in Profi-Hände.